Der Nord-Ostsee-Kanal
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Der Nord-Ostsee-Kanal durchschneidet seit 130 Jahren Schleswig-Holstein. Er verbindet die Elbmündung bei Brunsbüttel mit der Kieler Förde. Die künstliche Wasserstraße erspart Schiffen den langen Weg um die Nordspitze Dänemarks. Jährlich passieren etwa 27.000 Schiffe den Kanal. Das macht ihn zur meistbefahrenen künstlichen Wasserstraße der Welt.

Die Idee entstand schon bei den Wikingern
Bereits im 7. Jahrhundert träumten die Wikinger von Haithabu von einer Verbindung zwischen Nord- und Ostsee. Die Umfahrung Jütlands über Skagerrak und Kattegat war mühsam. Der Transport von Gütern über Land kostete viel Zeit und Kraft.
Die Dänen bauten später den Eiderkanal als Vorläufer der heutigen Wasserstraße. Er verband die Kieler Förde mit der Eider bei Rendsburg. Von dort fuhren die Schiffe eiderabwärts bis Tönning. Der Kanal hatte eine Breite von 28,7 Metern und eine Tiefe von 3,45 Metern. Pferde zogen die Schiffe auf Treidelpfaden. Eine Fahrt von Kiel nach Rendsburg dauerte zwei Tage.
Reste des alten Eiderkanals existieren noch heute. Besucher können die Rudimente der Schleusen in Klein-Königsförde, Rathmannsdorf und Kluvensik erkunden. Die schönen Packhäuser in Kiel-Holtenau, Tönning und Rendsburg blieben ebenfalls erhalten. Im Packhaus Kiel-Holtenau befinden sich heute ein Restaurant und Wohnungen.
Kaiser Wilhelm I. legte den Grundstein
Die rasante Entwicklung im Schiffbau machte Mitte des 19. Jahrhunderts eine neue Wasserstraße notwendig. Die Schiffe wurden größer und brauchten tiefere Fahrrinnen. Bismarck überzeugte Kaiser Wilhelm I. vom Bau des Nord-Ostsee-Kanals. Am 3. Juni 1887 legte der Kaiser in Kiel-Holtenau den Grundstein für das Jahrhundertbauwerk.
Rund 9.000 Menschen unterschiedlicher Nationalität arbeiteten acht Jahre lang am Kanal. Sie nutzten Spaten und Schubkarren, aber auch moderne Technik wie Eimerkettenbagger und Lorenbahnen. Die Arbeiter hoben mehr als 80 Millionen Kubikmeter Erde aus. Besondere Herausforderungen stellten moorige Gegenden dar. Zwischen Rendsburg und Kiel kreuzte die neue Trasse mehrmals den gewundenen Eiderkanal, dessen Betrieb während der Bauzeit erhalten bleiben musste.
Die feierliche Einweihung 1895
Kaiser Wilhelm II. weihte den Kanal vom 19. bis 22. Juni 1895 ein. Er taufte ihn zu Ehren seines Großvaters auf den Namen "Kaiser-Wilhelm-Kanal". Ab 1948 trägt er den Namen Nord-Ostsee-Kanal. International kennt man ihn als Kiel Canal.
Die Baukosten blieben mit 156 Millionen Mark im geplanten Rahmen. Doch schon kurz nach der Einweihung planten die Verantwortlichen eine Verbreiterung. Die neue Generation von Kriegsschiffen brauchte eine breitere und tiefere Fahrrinne. Von 1907 bis 1914 verbreiterten Arbeiter den Kanal bei laufendem Betrieb von 62 auf 103 Meter. Die Tiefe stieg von 9 auf 11 Meter. Alle bestehenden Drehbrücken mussten durch Neubauten ersetzt werden.
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Zeugnisse der Vergangenheit
Vom ursprünglichen Kanal sind nur wenige Bauwerke erhalten. Die Levensauer Hochbrücke von 1893/94 ist die einzige noch erhaltene Brücke aus der Bauphase. Sie wird wegen der Kanalverbreiterung einem Neubau weichen. Von der 1988 abgerissenen Grünentaler Hochbrücke existieren nur noch die Brückenköpfe als Aussichtsplattform. Ein 25 Tonnen schweres Steinrelief mit dem kaiserlichen Wappen-Adler ziert die Nordseite.
Die ursprüngliche Kanaltrasse folgte dem Lauf der Eider durch den Borgstedter See. Der enge Kurvenradius wurde für größere Schiffe zum Problem. Bei der ersten Verbreiterung grub man einige hundert Meter östlich ein neues Kanalbett. So entstand die Rader Insel, die zwei Kilometer lang und 500 Meter breit ist.
Die Schleusen regulieren den Wasserstand
Die Schleusenanlagen in Brunsbüttel und Kiel-Holtenau sind technische Meisterwerke. Sie gleichen die wechselnden Wasserstände der Elbe und der Ostsee aus. Der durchschnittliche Unterschied beträgt etwa 40 Zentimeter. Beide Anlagen bestehen aus je zwei Doppelschleusen. Die kleineren stammen aus dem Jahr 1895, die größeren aus 1914.
In Brunsbüttel entsteht derzeit die fünfte Schleusenkammer. Es ist das größte Wasserbauprojekt Europas. Die neue Kammer wird 360 Meter lang, 45 Meter breit und 14 Meter tief. Die Bauarbeiten finden auf der ehemaligen Schleuseninsel statt. Diese Insellage erfordert eine spezielle Logistik: Jeden Arbeiter, jeden Sack Zement und jede Maschine transportieren Schiffe zur Baustelle. Arbeiter verbauen etwa 115.000 Kubikmeter Stahlbeton und 25.000 Tonnen Spundwandstahl. Die Inbetriebnahme erfolgt Ende 2026.
Das Kanalmuseum Atrium in Brunsbüttel informiert über die Funktionsweise der Schleusenanlagen. Regelmäßige Führungen geben Einblicke in die Technik. In Kiel-Holtenau bietet eine Aussichtsplattform auf der Südseite spannende Blicke auf den Schleusenvorgang. Sie befindet sich auf einem Torbunker aus dem Zweiten Weltkrieg über Schleusenkammer Nummer 4. Infotafeln erklären die Geschichte des Kanals. In der Nähe lädt ein 50er-Jahre-Museum zum Schwelgen in Erinnerungen ein.
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Lotsen und Kanalsteurer lenken die Schiffe
Die eigentlichen Chefs des Kanals sind die Lotsen und Kanalsteurer. Lotsen sind erfahrene Nautiker mit "Großem Patent", spezieller Ausbildung und exzellenten Ortskenntnissen. Sie beraten die Kapitäne bei der Fahrt durch den kurvigen und engen Kanal. Ihre Kenntnisse sind besonders beim Ein- und Ausfahren in die Schleusen gefragt.
Kanalsteurer übernehmen während der Passage das Ruder. Diesen Beruf gibt es seit über 100 Jahren. Er entstand, weil es bei den ersten Kanalpassagen häufig zu Unfällen kam. Die Kapitäne kannten die physikalischen Wechselwirkungen zwischen Schiffen und Uferböschung nicht ausreichend. Auch der Sog und Schwell bei Schiffsbegegnungen führte zu Problemen. Das kaiserliche Kanalamt beschloss daher, Schiffe nur noch von zugelassenen Kanalsteurern fahren zu lassen.
Die Lotsen teilen den Kanal unter sich auf. Die Grenze liegt bei der Lotsenversetzstation Rüsterbergen bei Kanalkilometer 55. Dort wechseln die Lotsen aus Kiel und Brunsbüttel. Beobachter können mit angehaltenem Atem zusehen, wie ein Lotse die steile Bordwand hinunterklettert und sein Kollege hinaufsteigt. Etwa 160 Lotsen arbeiten im östlichen Kanalrevier NOK II. Es umfasst auch die Kieler und Flensburger Förde sowie Travemünde.
Deutsche Seelotsen organisieren sich in Brüderschaften. Sie arbeiten freiberuflich in staatlichem Auftrag und teilen ihre Einnahmen brüderlich. Aus ihren Reihen wählen sie einen Ältermann als Interessenvertreter. Alle drei Jahre unterziehen sich die Lotsen einem gründlichen Gesundheitscheck. Sie arbeiten nicht im Schichtdienst, sondern in einer Reihenfolge. Der zuletzt Tätige reiht sich wieder hinten ein.
Kostenlose Fähren seit Kaiser Wilhelms Zeiten
Kaiser Wilhelm verfügte bei der Eröffnung die kostenlose Nutzung der Kanalfähren. Diese Verordnung gilt bis heute. 14 Fähren ermöglichen Fußgängern, Radfahrern und Autofahrern den kostenlosen Wechsel der Kanalseite.
Der Nord-Ostsee-Kanal erspart Schiffen durchschnittlich 250 Seemeilen. Mehr als 70 Schiffe passieren täglich die Wasserstraße. Das sind 500 Schiffe pro Woche oder über 2.000 im Monat. Der Verkehr übersteigt den des Panama- oder Suezkanals um das Dreifache. Radfahrer und Spaziergänger nutzen die Kanalwege als beliebtes Ausflugsziel mit spektakulären Ausblicken.
Der Leuchtturm Kiel-Holtenau als Wahrzeichen
Der Leuchtturm Holtenau steht am Nordufer der Zufahrt zum Nord-Ostsee-Kanal in Kiel-Holtenau. Er dient seit der Kanaleröffnung 1895 als Einfahrtsfeuer. Der Turm ist nicht nur Seezeichen, sondern auch Gedenkstätte. Er zählt zu den schönsten Leuchttürmen Deutschlands.
Eine Grünanlage umgibt heute den Leuchtturm. Im achteckigen Unterbau des Backsteinturms können sich Paare trauen lassen. Die standesamtlichen Trauungen finden in historischer Atmosphäre statt. Am Südufer markiert ein einfacher weiß-roter Gitterturm die Einfahrt in den Nord-Ostsee-Kanal. Beide Türme weisen den Schiffen seit über einem Jahrhundert sicher den Weg in die meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt.
Weitere Informationen zu dem Nord-Ostsee-Kanal sind in unserem Video zu finden.