Kreislaufwirtschaft in Städten: Strategien zur Reduzierung von Abfällen

Eine nachhaltige Stadtentwicklung erfordert neue Denkweisen im Umgang mit Ressourcen. Die Kreislaufwirtschaft bietet dafür ein bewährtes Konzept. Im Gegensatz zur linearen Wirtschaftsweise, bei der Produkte nach Gebrauch entsorgt werden, zielt die Kreislaufwirtschaft auf eine möglichst lange Nutzung von Materialien und eine konsequente Wiederverwertung. Städte und Kommunen sind maßgeblich daran beteiligt, diesen Wandel praktisch umzusetzen. Kiel geht dabei mit gutem Beispiel voran.

Viele Hände, die das Pfeilzeichen der Kreislaufwirtschaft halten
Kreislaufwirtschaft, © freepik.com / MOUISITON

Was Kreislaufwirtschaft bedeutet

Im Kern beruht die Kreislaufwirtschaft auf dem Prinzip, Produkte, Materialien und Rohstoffe so lange wie möglich im Umlauf zu halten. Abfall soll möglichst gar nicht erst entstehen. Stattdessen werden bestehende Ressourcen wiederaufbereitet, repariert, weiterverwendet oder recycelt. Das senkt den Rohstoffbedarf, reduziert CO2-Emissionen und entlastet somit die Umwelt.

Für Städte bedeutet das, Infrastruktur, Dienstleistungen und Bürgerverhalten auf diese Zielsetzung auszurichten. Kommunale Entsorgungsbetriebe, Bildungsangebote, lokale Wirtschaft und Initiativen tragen gemeinsam dazu bei, das Prinzip im Alltag zu verankern.

Kiel als Vorreiter kommunaler Abfallvermeidung

Die Landeshauptstadt Kiel verfolgt seit Jahren eine ambitionierte Umweltstrategie. Als eine der ersten Städte in Deutschland hat Kiel 2019 den Klimanotstand ausgerufen. Das Engagement endet jedoch nicht beim Klimaschutz: Auch im Bereich Abfallvermeidung und Kreislaufwirtschaft setzt Kiel auf konkrete Maßnahmen und Kooperationen.

Kiel hat sich als erste zertifizierte Zero Waste City Deutschlands etabliert. Seit 2020 verfolgt die Stadt ein umfassendes Konzept mit 107 Maßnahmen, das auf eine signifikante Reduzierung des Abfallaufkommens abzielt. Bis 2035 soll die Pro-Kopf-Abfallmenge um 15 % sinken, wobei insbesondere Haus- und Geschäftsabfälle um 50 % reduziert werden sollen. Langfristig strebt Kiel an, das jährliche Abfallaufkommen pro Person auf unter 50 Kilogramm zu senken

Abfallvermeidung und Wiederverwendung im Alltag

Die Abfallvermeidung bildet einen grundlegenden Bestandteil der Kreislaufwirtschaft. In Kiel fördern Initiativen wie der Verein Zero Waste Kiel e.V. das Bewusstsein für nachhaltigen Konsum. Durch Bildungsarbeit, Veranstaltungen und das 6R-Prinzip (Rethink, Refuse, Reduce, Reuse, Recycle, Rot) werden Bürger motiviert, ihren Alltag abfallärmer zu gestalten.

Praktische Umsetzungen sind beispielsweise das Reparatur-Café Gaarden, in denen defekte Gegenstände repariert statt entsorgt werden, sowie Tauschbörsen und Mehrwegkampagnen. Diese Maßnahmen tragen dazu bei, die Lebensdauer von Produkten zu verlängern und Ressourcen zu schonen.

Ein weiterer Schritt war die Anpassung der Abfallsatzung im Jahr 2021, mit der ein Mehrweggebot für öffentliche Veranstaltungen eingeführt wurde. Seitdem sind wiederverwendbare Behältnisse bei der Ausgabe von Speisen und Getränken verpflichtend vorgesehen.

Effiziente Sammel- und Rücknahmesysteme

Kiel optimiert kontinuierlich seine Abfalltrennungssysteme, um die Recyclingquoten zu steigern. Durch gezielte Informationskampagnen und die Bereitstellung von Sammelbehältern für verschiedene Abfallarten wird die Bevölkerung zur korrekten Mülltrennung angeleitet. Zudem werden spezielle Rücknahmesysteme für Elektrogeräte, Batterien und andere Wertstoffe etabliert, um eine fachgerechte Entsorgung und Wiederverwertung zu gewährleisten.

Auch kreative Ansätze werden verfolgt: Mit den sogenannten "Kippenorakel" – speziellen Aschenbechern mit Abstimmfunktion – sollen achtlos weggeworfene Zigaretten reduziert werden. In den ersten sechs Monaten wurden auf diese Weise rund eine Million Kippen gesammelt.

Nachhaltige Stadtentwicklung durch Partnerschaften und Kreislaufdesign

Kiel engagiert sich als Mitglied des europäischen Netzwerks "Zero Waste Cities" für eine konsequente Reduktion der Restmüllmenge und den Ausbau zirkulärer Strukturen. Im Rahmen dieses Engagements entsteht ein umfassendes Konzept, das alle Lebensbereiche einbezieht. Gleichzeitig richtet die Stadt ihre kommunale Beschaffung neu aus. Bei städtischen Bauvorhaben und Materialeinkäufen gewinnen Wiederverwendung und Recycling an Bedeutung.

Ein konkretes Beispiel für die Umsetzung dieser Prinzipien ist der Einsatz von langlebigem Stadtmobiliar aus recycelbarem Edelstahl – etwa Parkbänke, Fahrradständer oder Abfallbehälter. Diese Elemente sind witterungsbeständig, besonders robust und lassen sich vollständig recyceln. So verbindet Kiel strategische Beschaffung mit nachhaltiger Stadtgestaltung im Sinne einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft.

Solches Mobiliar findet sich bereits an zahlreichen Stellen im Stadtgebiet, etwa im Hörn-Areal, auf dem Spielplatz am Bebelplatz, entlang der Werftstraße sowie der Wellingdorfer Straße. Auch in der Wohnsiedlung Hof Hammer und auf dem Gelände der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel prägen funktionale und zugleich ressourcenschonende Ausstattungen das Stadtbild.

Weiter umgesetzte Maßnahmen im Rahmen der Zero-Waste-Strategie

Kiel setzt auf konkrete Maßnahmen zur Abfallvermeidung. Geprüft wurde ein „Pay-as-you-throw“-Modell, bei dem Haushalte nach Abfallmenge zahlen. Aufgrund lokaler Rahmenbedingungen wird derzeit eine linearisierte Gebührenstruktur bevorzugt.

Zur fundierten Bewertung der Abfallpolitik werden regelmäßig Restmüllanalysen durchgeführt. Erste Ergebnisse aus 2021 liefern wichtige Erkenntnisse über Zusammensetzung und Potenzial zur Vermeidung.

Innovativ ist auch ein Pilotprojekt zur Weitergabe überschüssiger Lebensmittel von Kreuzfahrtschiffen an die Kieler Tafel. Über 700 Kilogramm wurden 2024 gespendet.

Befragungen in Großwohnanlagen zeigten Verbesserungsbedarf bei der Vorsortierung und Informationsbereitstellung. Mit Aktionstagen und Öffentlichkeitsarbeit bindet die Stadt zusätzlich Bürger aktiv ein.

Kiel zeigt, wie kommunale Verantwortung im Sinne der Kreislaufwirtschaft konkret gelebt werden kann. Vom Mehrwegbecher bis zum Repair Café, von der Bildung bis zur digitalen Abfallberatung: Die Stadt arbeitet aktiv daran, Ressourcen zu erhalten und Abfall zu vermeiden. Die bisherigen Schritte markieren nicht das Ende, sondern einen stetigen Prozess in Richtung nachhaltiger Stadtentwicklung.

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