Kieler Kloster: Von der Klostergründung zum modernen Pflegezentrum
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Das Kieler Kloster blickt auf eine bewegte Geschichte von über 800 Jahren zurück. Was 1242 als Franziskanerkloster begann, entwickelte sich über die Jahrhunderte zu einer der wichtigsten sozialen Einrichtungen der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt.

Franziskanerkloster wird zum Universitätssitz
Graf Adolf IV. von Schauenburg stiftete 1242, kurz nach der Stadtgründung Kiels, der Ordensprovinz Dacia des Franziskanerordens ein Kloster. Der besondere Aspekt: Adolf IV. trat selbst 1239 in den Franziskanerorden ein und lebte ab 1245 im von ihm gestifteten Kloster. Er starb 1261 in Kiel und wurde in der Klosterkirche beigesetzt. Sein Grabstein befindet sich heute im Kreuzgang.
Die Franziskaner führten 1480 auf Initiative des dänischen Königs Christian I. die Martinianischen Konstitutionen ein. Diese bedeuteten eine Rückbesinnung auf das franziskanische Armutsideal. 1503 etablierte der Provinzvikar Andreas Glob die Observanz im Kieler Konvent.
Das Ende des Klosters kam mit der Reformation. König Friedrich I. von Dänemark löste das Kloster am 13. Oktober 1530 auf. Acht ältere oder kranke Brüder erhielten ein Bleiberecht und wurden auf Kosten der Stadt versorgt. In das Gebäude zog eine Stadtschule mit Lehrerwohnungen ein.
Von der Universität zum Wiederaufbau
1665 wurde das ehemalige Kloster zur Gründungsstätte der Kieler Universität, benannt nach Herzog Christian Albrecht. Die Universität nutzte die Räumlichkeiten über 100 Jahre. 1766 waren die Gebäude in so schlechtem Zustand, dass die Universität ins benachbarte Schloss umzog. Das Kloster wurde bis auf Refektorium und Kirche abgetragen.
Die Franziskaner kehrten 1930 nach Kiel zurück und gründeten einen neuen Konvent. Die Gebäude wurden 1944 bei einem Bombenangriff zerstört. Ein neues Kloster wurde im Februar 1955 eingeweiht. Die Franziskaner engagierten sich in der Studentenseelsorge und bauten 1950 das Studentenheim "Haus Michael". 1993 gab die Sächsische Provinz die Niederlassung in Kiel aus Personalmangel auf.

Theologisches Studienhaus entsteht
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die evangelische Heiligengeistkirche am 13. Dezember 1943 durch Sprengbomben weitgehend zerstört. 1947 erfolgte das Abtragen der Kirchenreste. Die stark beschädigten Klostermauern baute der Verein Studienhaus Kieler Kloster e.V. mit Spendengeldern wieder auf. Professoren der theologischen Fakultät, insbesondere Martin Redeker und Heinrich Rendtorff, unterstützten das Projekt.
So entstand 1950 das Theologische Studienhaus Kieler Kloster. Heute betreibt es der Verein Evangelische Studierendenheime in Kiel e.V. Zunächst lebten nur Klosterbrüder der theologischen Fakultät im Studienhaus. In den 1980er-Jahren öffnete sich das Wohnheim für Studierende anderer Fakultäten und für Studentinnen.
Ausgrabungen und Restaurierung
1984 erschlossen Ausgrabungen in der ehemaligen Klosterkirche zahlreiche mittelalterliche Gruften innerhalb der Fundamente. Einige waren ausgemalt. Die Nordelbische Kirche restaurierte das Kloster 1994 und 1998. Seither macht der Kieler Klosterverein e.V. die historischen Räume durch Veranstaltungen wie Ausstellungen und Konzerte der Öffentlichkeit zugänglich.
Spendenaktionen ermöglichten die Herrichtung der Umgebung als stadtgeschichtlichen Garten. 1999 wurde im vereinfacht wiederaufgebauten Turm der Klosterkirche ein Konzert-Carillon aus 50 Bronzeglocken eingebaut.
Stadtkloster als soziale Institution
Parallel entwickelte sich das Kieler Stadtkloster als wichtige soziale Einrichtung. Die Grafen Johann I. und Gerhard I. von Holstein, Söhne des Stadtgründers Adolf IV., stifteten bereits um 1257 das Heiligen-Geist-Hospital. Es diente als Altenheim, Kranken- und Armenhaus sowie als Übernachtungsstätte für Pilger.
Das Hospital folgte den Regeln des Lübecker Heiligen-Geist-Hospitals. Frauen und Männer lebten in einer bruderschaftlichen Gemeinschaft zusammen, ohne Nonnen oder Mönche zu sein. Wer eintrat, musste Geld und Habe dem Haus überlassen und erhielt dafür Wohnung, Kleidung und Nahrung.
Zusammenlegung der vier Hospitäler
Neben dem Heiligen-Geist-Hospital existierten das St. Jürgenskloster am Sophienblatt, das Neugasthauskloster und das St. Annen- und Erasmikloster am Schuhmachertor. Die Verwaltung lag beim Rat der Stadt, der gezielt Dörfer in der Umgebung erwarb – die "Stadtdörfer".
Eine Zusammenlegung der vier Hospitäler ermöglichte erst das Testament der Henriette Friederica von Ellendsheim von 1808. Ihr Vater war hoher Beamter in Holstein gewesen. In ihrer Kindheit sah sie das armselige Leben der Klosterbewohner, was ihren späteren Entschluss zur Hilfe bewirkte.
Neubau und moderne Entwicklung
1821 entstand am Sophienblatt ein Neubau mit Stuben für 48 Präbendisten. 1865 erweiterte Stadtbaumeister Gustav Ludolf Martens das Gebäude um ein Stockwerk und einen Turm für weitere 52 Personen. Als 1895 der neue Kieler Hauptbahnhof in unmittelbarer Nachbarschaft entstehen sollte, entschied der Vorstand eine Verlegung.
Der Architekt Johann Theede verantwortete den 1909 eingeweihten Neubau in der Harmsstraße. Das neue Stadtkloster bot 166 Appartements für Präbendisten, dazu Kranken- und Pflegestation, Wohnungen für Personal sowie eine Kapelle. An diesem Standort befindet sich unter dem Namen "Residenz am Park" noch heute der Hauptsitz der Stiftung.
Das Kieler Stadtkloster ist heute eine Stiftung privaten Rechts zur Förderung der Altenhilfe. Es betreibt mehrere Pflegeeinrichtungen mit Angeboten von Tagespflege über betreutes Wohnen bis zur vollstationären Pflege. Ein ambulanter Pflegedienst ergänzt das Angebot. Die jahrhundertealte Institution hat sich erfolgreich den Anforderungen der modernen Altenpflege angepasst und bleibt eine wichtige soziale Säule der Stadt Kiel.