Die Kieler Altstadt – Kiels historisches Herz
Stadtinfo Sehenswürdigkeiten
Stadtinfo Stadtteile
Die Kieler Altstadt ist das historische Zentrum der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt und erzählt eine faszinierende Geschichte von mittelalterlicher Gründung bis zur modernen Stadtentwicklung. Was heute als kleinster Stadtteil Kiels mit nur 34,7 Hektar Fläche und etwa 1.236 Einwohnern erscheint, war einst das pulsierende Herz einer aufstrebenden Stadt.
Die Gründung der Stadt Kiel
Zwischen 1233 und 1242 gründete Graf Adolf IV. von Holstein die Stadt Kiel auf einer strategisch günstig gelegenen Halbinsel. Der etwa 18 Hektar große Moränenhügel bot ideale Voraussetzungen für eine Stadtgründung: Er lag geschützt in einer tiefen Meeresbucht und war nur im Nordosten mit dem Festland verbunden. Die Kieler Förde und der Meeresarm "Kleiner Kiel" sorgten für natürlichen Schutz.
Graf Adolf IV. folgte bei der Stadtanlage dem damals üblichen Muster. Er legte den Marktplatz ins Zentrum und entwickelte um ihn herum ein Parallelstraßenkreuz. Bereits bei der Gründung entstanden die wichtigsten Straßen: Dänische Straße, Flämische Straße, Haßstraße, Holstenstraße, Kehdenstraße, Küterstraße, Pfaffenstraße, Schloßstraße und Schuhmacherstraße.
Mittelalterliche Entwicklung und Befestigung
Neben dem zentralen Marktplatz teilte der Stadtgründer einen Platz für die Stadtkirche St. Nikolai ab. Zum Schutz der einzigen Landverbindung errichtete er im Nordosten eine Burg, die im 15. Jahrhundert zum Schloss erweitert wurde. Die Holstenbrücke, etwa 50 Meter lang, stellte an der schmalsten Stelle des Kleinen Kiels eine wichtige Verbindung zur Fernlandstraße "Via Regia" her.
Mit Rathaus, Nikolaikirche, Franziskanerkloster und Hospital entwickelte sich nach und nach eine typisch mittelalterliche Bebauung. Bis ins 16. Jahrhundert umgab ein Stadtmauerring die gesamte Anlage und schützte die Bewohner vor Angriffen.
600 Jahre Kontinuität
Bemerkenswert ist, dass sich über 600 Jahre hinweg kaum etwas am Erscheinungsbild der Stadt änderte. Kiel blieb eine kleine, mittelalterlich geprägte Hafen-, Universitäts- und Beamtenstadt. Winklige Fachwerkhäuser und Buden prägten das Straßenbild ebenso wie großbürgerliche Giebelhäuser und eindrucksvolle Adelsresidenzen.
Der große Wandel ab 1865
Diese geruhsame Entwicklung endete abrupt 1865, als Kiel preußische Flottenstation wurde. Der Aufstieg zum Reichskriegshafen verwandelte die beschauliche Stadt in eine Marine- und Werftindustriestadt von großstädtischen Ausmaßen. Die Stadt erlebte ein "amerikanisches" Bevölkerungswachstum.
Der ungehemmte Bauboom hatte dramatische Folgen für die historische Altstadt. Paradoxerweise wurden in den 50 Jahren vor dem Bombenkrieg von 1940-1945 mehr alte Häuser des 16. bis 18. Jahrhunderts zerstört als während der Luftangriffe selbst. Was die Bomben verschont hatten, fiel oft dem Neuaufbau der Nachkriegsjahre zum Opfer.
Was heute noch zu sehen ist
Von der historischen Bebauung sind nur noch wenige Zeugnisse erhalten: Teile der Nikolaikirche, Reste des Klosters und des alten Rathauses sowie der Warleberger Hof und der "Rantzaubau" des Schlosses. Das mittelalterliche Straßensystem mit dem Parallelstraßenkreuz und dem Marktplatz in der Mitte blieb jedoch weitgehend erhalten.
Die heutige Altstadt
Der Alte Markt wurde 1971/72 mit Glaspavillons und heruntergezogenen Kupferdächern umgestaltet. Die abgesenkte Mitte ist nur über Treppen und Rampen zugänglich. Die Dänische Straße gilt heute als einzige Straße mit echtem Altstadt-Flair und versammelt die meisten denkmalwürdigen Häuser. Hier steht auch ein Brunnen mit der bronzenen Stadtgöttin Kilia, die Mauerkrönchen, Lorbeerkranz und Ruder als Symbol kluger Staatsführung trägt.
Die Schuhmacher- und Flämische Straße verbinden heute den Hafen mit dem Markt und bieten Blick auf luxuriöse Kreuzfahrer und Fährschiffe, die Kiel zum größten deutschen Passagierhafen gemacht haben. An der Alten Feuerwache entsteht derzeit ein neues Baugebiet mit Eigentumswohnungen, Stadthäusern und Studentenappartements.
Die Kieler Altstadt zeigt exemplarisch, wie sich deutsche Städte vom Mittelalter bis zur Moderne entwickelt haben – geprägt von Kontinuität und radikalem Wandel gleichermaßen.