Bronzedenkmal für Zar Peter III. im Prinzengarten
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Ein Denkmal erinnert an einen bedeutenden Sohn der Stadt Kiel. Die Bronzefigur zeigt Carl Peter Ulrich, der später als Zar Peter III. den russischen Thron bestieg. Der 2008 gegründete Kieler Zarenverein sammelte die privaten Spenden für das Denkmal.

Der Kieler Herzog auf dem Zarenthron
Carl Peter Ulrich kam am 21. Februar 1728 im Kieler Schloss zur Welt. Durch seine Geburt war er Anwärter auf zwei bedeutende europäische Throne. Sein Vater Carl Friedrich war der Neffe des Schwedenkönigs Karl XII. Seine Mutter Anna Petrowna war die ältere Tochter des Zaren Peter der Große.
Bereits wenige Wochen nach seiner Geburt verstarb seine Mutter. Als 1739 auch sein Vater starb, wurde der elfjährige Carl Peter Ulrich Herzog von Holstein-Gottorf. 1742 holte ihn seine Tante, die Kaiserin Elisabeth, nach St. Petersburg. Nach seiner Konversion zum russisch-orthodoxen Glauben wurde er als "Pjotr Fjodorowitsch" zum Großfürsten und Thronfolger erklärt.
Am 25. August 1745 heiratete er die deutsche Prinzessin Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst. Sie erhielt nach ihrem Übertritt zum orthodoxen Glauben den Namen Katharina Alexejewna. Am 25. Dezember 1761 nach julianischer Zeitrechnung bestieg Peter III. nach dem Tod seiner Tante Elisabeth den Zarenthron.
Ein aufgeklärter Reformer
Bereits als Großfürst zeigte Peter großes Interesse an den Ideen der Aufklärung. Er versammelte die besten Köpfe Russlands um sich. Der Universalgelehrte Michail Lomonossow und Jacob von Stählin gehörten zu seinem Kreis. Die Zeitgenossen bewunderten seine Musikalität und sein Engagement für die schönen Künste.
In seiner nur 186 Tage dauernden Regierungszeit erließ Peter etwa 200 Verordnungen und Gesetze. Eine seiner ersten Maßnahmen war die Beendigung des Siebenjährigen Krieges. Für Preußen kam der Friede mit Russland einem Rettungsanker gleich.
Umfassende Reformen in kurzer Zeit
Peters ehrgeiziges Reformwerk erstreckte sich über alle wichtigen Bereiche des russischen Reiches. Im Bildungswesen führte er als erster russischer Herrscher eine allgemeine Bildungspflicht für Kinder ein. Gleichzeitig verlangte er von Lehrern eine nachgewiesene Qualifikation und entwickelte strukturierte Berufsausbildungspläne für Handwerker.
Seine Wirtschaftsreformen zielten auf eine grundlegende Modernisierung des Landes ab. Peter gründete die erste russische Staatsbank und brach die wirtschaftliche Vormachtstellung des Adels, indem er dessen Grundbesitzmonopol aufhob. Die unbeliebte Salzsteuer schaffte er ersatzlos ab und öffnete den russischen Außenhandel für neue Märkte.
Besonders radikal waren seine Eingriffe in die Macht der orthodoxen Kirche. Er säkularisierte den enormen Kirchenbesitz und befreite damit Millionen von Kleinbauern aus der kirchlichen Leibeigenschaft. Erstmals in der russischen Geschichte führte er religiöse Toleranz und Gewissensfreiheit ein – revolutionäre Konzepte für das damalige Zarenreich.
Im Justizwesen beendete Peter mittelalterliche Praktiken. Die Folter wurde verboten und die gefürchtete Geheime Inquisitionskanzlei aufgelöst. Politische Gefangene erhielten eine Generalamnestie. Sein vielleicht weitreichendstes Vorhaben war die Abschaffung der Fronarbeit zugunsten bezahlter Lohnarbeit – eine Reform, die das Leben von Millionen Leibeigenen verbessert hätte.
Der Staatsstreich und seine Folgen
Katharina plante den Sturz ihres Gatten seit seiner Thronbesteigung. Am 29. Juni 1762 wurde Peter verhaftet und in das Jagdschloss Ropscha gebracht. Am 6. Juli starb er dort eines gewaltsamen Todes. Katharina hatte sich bereits am 28. Juni zur Kaiserin ausrufen lassen.
Um ihren Staatsstreich zu rechtfertigen, verunglimpfte Katharina ihren ermordeten Gatten systematisch. Sie zeichnete das Bild eines infantilen, regierungsunfähigen Herrschers. Dieses Zerrbild prägte lange Zeit die Geschichtsschreibung.
Das russische Volk verehrte Peter III. noch jahrzehntelang wegen seiner sozialen Reformen. Es kam zu mehreren Aufständen gegen Katharina. Sie verhängte ein Redeverbot über den Putsch. Der Besitz von Bildnissen Peters wurde mit Verbannung nach Sibirien bestraft.
Neubewertung durch moderne Forschung
In den letzten zwei Jahrzehnten haben umfangreiche Archivforschungen das negative Bild Peters gründlich revidiert. Die Dokumente zeigen einen aufgeklärten Sozialreformer, der Russland modernisieren wollte. Seine kulturellen Interessen und sein politisches Reformprogramm stehen im krassen Gegensatz zu Katharinas Verleumdungen.
Das Denkmal in Kiel würdigt einen bedeutenden, aber lange verkannten Herrscher. Es erinnert an einen Sohn der Stadt, der in nur einem halben Jahr versuchte, das russische Reich grundlegend zu reformieren. Die Bronzefigur macht die historische Verbindung zwischen Kiel und der russischen Geschichte sichtbar.
Ein Zeichen deutsch-russischer Geschichte
Die Initiative des Kieler Zarenvereins zeigt das wachsende Interesse an dieser historischen Persönlichkeit. Das vollständig aus privaten Spenden finanzierte Denkmal ist ein wichtiges Zeichen der Erinnerungskultur. Es macht die jahrhundertealten Verbindungen zwischen Holstein-Gottorf und Russland für die Öffentlichkeit sichtbar.
Die Enthüllung des Denkmals fällt in eine Zeit, in der die historischen Beziehungen zwischen Deutschland und Russland neu bewertet werden. Die Figur des Carl Peter Ulrich steht symbolisch für die komplexen Verflechtungen europäischer Geschichte. Sie erinnert daran, dass ein in Kiel geborener Herzog zum Zaren eines Weltreiches wurde.
Das Denkmal lädt dazu ein, sich mit der vielschichtigen Geschichte auseinanderzusetzen. Es zeigt, wie ein aufgeklärter Herrscher des 18. Jahrhunderts versuchte, sein Reich zu modernisieren. Gleichzeitig mahnt es, historische Urteile kritisch zu hinterfragen und Geschichtsschreibung nicht den Siegern zu überlassen.
Für Kiel bedeutet das Denkmal eine Bereicherung der städtischen Erinnerungslandschaft. Es macht einen fast vergessenen Teil der Stadtgeschichte wieder sichtbar. Besucherinnen und Besucher sowie Einheimische können nun an prominenter Stelle mehr über den Kieler erfahren, der einst den russischen Zarenthron bestieg.