Video: Friedrichstadt – Die Holländerstadt
Freizeit Ausflüge
Friedrichstadt ist das Klein-Amsterdam an Schleswig-Holsteins Nordseeküste. Wunderschöne Treppengiebelarchitektur, urige Grachten, individuelle Geschäfte und Manufakturen sowie kleine Cafés und Restaurants geben der "Holländerstadt" ein ganz besonderes Flair.

Gründung als Stadt der Toleranz
Herzog Friedrich III. von Schleswig-Holstein-Gottorf gründete Friedrichstadt 1621 mit einem ehrgeizigen Plan. Er wollte eine Handelsmetropole errichten und holte dazu niederländische Bürger an den Ort. Besonders die verfolgten Remonstranten erhielten hier Religionsfreiheit.
Am 24. September 1621 begann der erste Hausbau der Planstadt. Dieses Haus war für den mennonitischen Bauherrn Willem van den Hove bestimmt. Bis 1625 war die gesamte südliche Stadthälfte fertiggestellt, die sogenannte Vorderstadt mit dem Marktplatz.
Friedrich III. setzte sich gegen Widerstände durch, denn Händler aus dem nahegelegenen Tönning fürchteten die neue Konkurrenz. Seine Mutter Augusta war entschieden dagegen, andere als lutherische Religionsgemeinschaften ins Land zu lassen.
Einzigartige Lage auf künstlicher Insel
Friedrichstadt liegt in der Eider-Treene-Niederung an der Mündung der Treene in die Eider. Die Stadt befindet sich auf einer künstlichen Insel. Bewohnbar wurde die Fläche erst 1573, nachdem Adolf von Schleswig-Holstein-Gottorf die Treene hatte durchdämmen lassen.
Zwei Sielzüge mit ursprünglich vier Sielen verbinden die Treene mit der Eider. Der Westersielzug ist etwa 30 Meter breit und vier bis fünf Meter tief. Der Ostersielzug misst nur etwa zehn Meter Breite und zwei bis drei Meter Tiefe.
Durch die Innenstadt fließen zwei Kanäle: der Mittelburggraben und der Fürstenburggraben. Sie verbinden die Sielzüge miteinander. Bei Sturmhochwasser können Stemmtore die Altstadt gegen Hochwasser aus dem Binnenland schützen.
Niederländische Architektur prägt das Stadtbild
Die etwa 17 Hektar große Planstadt ist nach einem Schachbrettmuster gestaltet. Bauten der niederländischen Backsteinrenaissance und Grachten prägen das Stadtbild. Der Mittelburggraben trennt die südliche Vorderstadt mit quadratischen Parzellen von der nördlichen Hinterstadt mit rechteckigen Parzellen.
Am Marktplatz stehen noch neun Treppengiebel aus Backstein aus der Gründerzeit. Sie bilden das größte zusammenhängende Ensemble von Bauten aus der Gründungsphase. Die Häuser sind nach holländischem Vorbild hoch und schmal gebaut.
Das "Edamerhaus" soll an ein Gebäude in Edam erinnern und zeigt Engelsköpfe aus Sandstein. Die Apotheke daneben ist das einzige Gebäude mit Freitreppe und dient dieser Funktion seit dem 18. Jahrhundert.
Fünf aktive Religionsgemeinschaften
Friedrichstadt galt als "Stadt der Toleranz". Infolge der Religionsfreiheit siedelten sich verschiedene Religionsflüchtlinge an und heute sind noch fünf Religionsgemeinschaften aktiv: deutsche und dänische Lutheraner, Remonstranten, Mennoniten und Katholiken.
Die Remonstranten haben ihre einzige Gemeinde außerhalb der Niederlande in Friedrichstadt. Ihr Kirchengebäude war das erste explizit remonstrantische der Welt und die Gemeinde umfasst heute 150 bis 200 Mitglieder. sodass Gottesdienste zwölfmal im Jahr stattfinden.
Die Mennoniten bildeten zunächst vier unabhängige Gemeinden: Flamen, Friesen, Hochdeutsche und Waterländer. 1708 vereinigten sie sich zu einer Gesamtgemeinde und kauften die Alte Münze. Heute leben noch etwa 30 Mennoniten in der Stadt.
Tragische Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert
Der Schleswig-Holsteinische Krieg brachte 1850 eine Tragödie über die tolerante Stadt. Vom 29. September bis 4. Oktober 1850 bombardierten schleswig-holsteinische Truppen Friedrichstadt. 31 Einwohner kamen ums Leben, 285 Häuser wurden zerstört, darunter das Rathaus und die Remonstrantenkirche.
Der Nationalsozialismus fand auch in Friedrichstadt Anhänger. Bei der Reichstagswahl Juli 1932 erhielt die NSDAP 47,1 Prozent der Stimmen. In der Reichspogromnacht 1938 zerstörten SA-Männer die Synagoge und jüdische Geschäfte, wodurch die jüdische Gemeinde vollständig vernichtet wurde.
Tourismus als Hauptwirtschaftszweig
Heute ist der Tourismus der Hauptwirtschaftszweig Friedrichstadts. Die Stadt bietet laut einem Artikel der taz "auf jedem Meter ein Dutzend Fotomotive". Jährlich kommen 300.000 bis 400.000 Tagesausflügler, oft mit Reisebussen.
Grachtenfahrten zweier Anbieter sind sehr beliebt und auch die Minieisenbahnanlage "Modellbahn-Zauber" auf 100 Quadratmetern zieht viele Besucherinnen und Besucher an. Die Stadt bietet zwischen Juli und September täglich Stadtführungen an, teilweise in holländischen Trachten.
Regelmäßige Veranstaltungen
Die Friedrichstädter Festtage am letzten Juliwochenende sind der Höhepunkt des Veranstaltungskalenders. Der Lampionkorso auf den Grachten macht das Fest einzigartig, bei dem fantasievoll geschmückte Boote um die Auszeichnung einer Jury wetteifern. Im Juli findet das Friedrichstädter Drachenboot-Festival der Rudergesellschaft statt. Dazu gibt es eine familiäre Flaniermeile für alle Besucher.
Friedrichstadt ist ein einzigartiges Kulturdenkmal in Schleswig-Holstein. Die Stadt verbindet niederländische Architektur mit einer bewegten Geschichte der Toleranz und bietet heute ein attraktives Ziel für Touristen aus ganz Deutschland.