Barrierefrei in der Natur? Europäisches Projekt zeigt wie es geht

Ein Dilemma im Naturerleben bleibt seit Jahren die Diskrepanz zwischen guten Voraussetzungen und diversen Hindernissen, vorhandene Angebote barrierefreier zu gestalten. Darauf machen am Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung der Global Nature Fund (GNF) und seine europäischen Partner im Projekt "Natur ohne Barrieren" aufmerksam und stellen Lösungsansätze vor.

Die Beelitz-Heilstätten in Brandenburg, © Global Nature Fund
Die Beelitz-Heilstätten in Brandenburg, © Global Nature Fund

Was beinhaltet ein gutes barrierefreies Naturerlebnisangebot? Wo fängt man bei der Planung an? Welche Informationen werden benötigt und wie werden sie kommuniziert?

Diese und viele andere Fragen stellte sich das internationale Projektteam von "Natur ohne Barrieren" zum Projektstart im Jahr 2018. Nun gibt es erste Antworten.

"In Naturschutzgebieten sind viele Wege für Menschen mit Mobilitätseinschränkung unzugänglich", erklärt Katja Weickmann, die das Projekt für den Global Nature Fund (GNF) leitet. "Aber Barrieren betreffen nicht nur die Bewegung. Oft werden kommunikative Aspekte außer Acht gelassen oder ein Pfad wird als barrierefrei kommuniziert, beinhaltet dann aber nur einzelne Komponenten wie rollstuhlgeeignete Wege, ohne für Menschen mit einer Seh- oder Hörbehinderung zugänglich zu sein. Und auch was leicht verständliches Informationsmaterial angeht, herrscht noch Handlungsbedarf. Wir machen die Erfahrung, dass es vielen Naturpädagog*innen an Wissen um die Probleme mangelt, mit denen Menschen mit Behinderungen beim Naturerleben konfrontiert sind. Das sprechen wir in unseren Materialien an und begleiten so Naturschutzzentren bei ihren ersten Schritten auf dem Weg zu einem inklusiven Naturerleben."

Menschen mit Behinderung haben als Experten in eigener Sache an "Natur ohne Barrieren" mitgearbeitet. Resultat des dreijährigen gemeinsamen Forschens, Recherchierens und Ausprobierens ist eine Zusammenstellung an Informationsmaterialien.

Mehrere Leitfäden geben Tipps zur Gestaltung von Exkursionen und Bildungsprogrammen und zum Abbau physischer und kommunikativer Barrieren auf Lehrpfaden.

Die Veröffentlichungen haben dabei auch die begrenzten Ressourcen vieler Umweltbildungszentren und Naturparks im Blick. "Wir zeigen, dass sich oft bereits mit bescheidenen Mitteln viel für einen inklusiveren Zugang zur Natur erreichen lässt", so Weickmann. "Für einen gelungenen Anfang braucht es den Input von Menschen mit Behinderungen, wir müssen lokale Netzwerke bilden und brauchen auch eine gewisse Bereitschaft, zunächst einmal nur mit kleinen Schritten voranzugehen."

Das Projekt macht sichtbar, dass der Abbau von Barrieren für alle Menschen wichtig und nützlich ist – denn wir alle werden früher oder später mit Einschränkungen konfrontiert.

Die im Projekt erarbeiteten Materialien sind unter der Creative-Commons-Lizenz frei verfügbar und können auf der Projektwebsite in vier Sprachen (Englisch, Deutsch, Ungarisch und Polnisch) heruntergeladen werden.

Ein Wissenspool informiert über Beispiele Guter Praxis und gibt vielseitige Informationen rund um barrierefreies Naturerleben, Kriterien und Zertifizierung in Europa.

Was der GNF und seine Partner im Rahmen des Bildungsprojekts theoretisch vermitteln, trägt bereits Früchte. Naturlehrpfade in mehreren EU-Ländern wurden anhand der Projektmaterialien analysiert und entwickeln ihre eigenen Konzepte für einen inklusiven Zugang.

Europaweit gehen immer mehr Naturpädagogen voran und zeigen, dass mit Mut, Willen und Kreativität ein erfüllender Zugang zum Naturerleben für Menschen mit Behinderungen kein Traum bleiben muss.

Der Global Nature Fund führt das Projekt "Natur ohne Barrieren" gemeinsam mit den europäischen Partnerorganisationen DBSV (Deutschland), ETNA (Polen), LBDCA (Ungarn) und Umweltdachverband (Österreich) durch. Gefördert wird es vom EU-Programm Erasmus+.

Quelle: Global Nature Fund (GNF) 

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